Grönlandeisschmelze stürzt ab – Herbstwetter an den „Hundstagen“ in Deutschland

Wie bereits Anfang Juni 2015 liegt auch Ende Juli die jährliche sommerliche Schmelzfläche des Grönlandeisschildes erneut weit unter dem Durchschnitt. Sie ist in den letzten Tagen von vorübergehend hohen Werten nahezu senkrecht abgestürzt, wie die Grafik zeigt (blaue Linie):

Die Schmelzrate (blaue Linie in der rechten Grafik) des Grönlandeisschildes ist in den letzten Tagen von hohen Werten nahezu senkrecht auf Werte deutlich unter dem Durchschnitt (graue Linie bei  23%) abgestürzt.  Originaltext zur Grafik: http://www.dmi.dk/en/groenland/maalinger/greenland-ice-sheet-surface-mass-budget/
Die Fläche mit Eischmelze (blaue Linie in der rechten Grafik) des Grönlandeisschildes ist in den letzten Tagen von hohen Werten um 50% nahezu senkrecht auf Werte von 23% und damit deutlich unter den Durchschnitt (graue Linie nahe 40%) abgestürzt.
Originaltext zur Grafik: „Left: Maps showing areas where melting has taken place within the last two days. Right: The percentage of the total area of the ice where the melting occurred from January 1 until today (in blue). For comparison the average for the period 1990-2011 is shown in the dark grey curve. The variation from year to year for each of the days during the melt season ​are shown as the gray shaded area.“ Quelle: http://www.dmi.dk/en/groenland/maalinger/greenland-ice-sheet-surface-mass-budget/

Die Größe der Schmelzfläche ist Ende Juli 2015 bereits fast auf das niedrige durchschnittliche Niveau von Mitte August gefallen.

Wie sehr die stark verringerte Schmelzfläche auch die tägliche Massebilanz (SMB=Surface Mass Balance) des Grönlandeises beeinflusst, zeigt die nachfolgende obere Grafik mit der steil gegen Null aufsteigenden blauen Linie am aktuellen Ende:

The figure below shows the total daily contribution from all points on the ice sheet (top) and the same accumulated from September 1st to now (bottom). The blue curves show this season’s surface mass balance in gigatons (Gt; 1 Gt is one billion tons and corresponds to 1 cubic kilometer of water), and for comparison the mean curves from the historical model run are shown with two standard deviations on either side. Note that the accumulated curve does not end at 0 at the end of the year. Over the year, it snows more than it melts, but calving of icebergs also adds to the total mass budget of the ice sheet. Satellite observations over the last decade show that the ice sheet is not in balance. The calving loss is greater than the gain from surface mass balance, and Greenland is losing mass at about 200 Gt/yr. Quelle: wie vor
The figure (…) shows the total daily contribution from all points on the ice sheet (top) and the same accumulated from September 1st to now (bottom). The blue curves show this season’s surface mass balance in gigatons (Gt; 1 Gt is one billion tons and corresponds to 1 cubic kilometer of water), and for comparison the mean curves from the historical model run are shown with two standard deviations on either side. Note that the accumulated curve does not end at 0 at the end of the year. Over the year, it snows more than it melts, but calving of icebergs also adds to the total mass budget of the ice sheet. Satellite observations over the last decade show that the ice sheet is not in balance. The calving loss is greater than the gain from surface mass balance, and Greenland is losing mass at about 200 Gt/yr. Quelle: wie vor

Der August ist üblicherweise der erste Sommermonat mit einer negativen Strahlungsbilanz in der Arktis, d.h. die Temperaturen gehen wegen des zunehmend niedrigen Sonnenstandes bereits zurück und fallen wieder unter die Frostgrenze.

Die durchschnittlichen Temperaturen der Arktis nördlich 80°N (grüne Linie und die aktuellen berechneten Temperaturen (rote Linie), die blaue hotizontale Line stelle die Frostgrenze von 0°C = 273,15 Kelvin dar. Quelle:
Die durchschnittlichen Temperaturen der Arktis nördlich 80°N (grüne Linie) und die aktuellen berechneten Temperaturen (rote Linie), die blaue horizontale Linie stellt die Frostgrenze von 0°C = 273,15 Kelvin dar. Die Temperaturen liegen seit Mai 2015 meist unter dem Durchschnitt. Quelle: http://ocean.dmi.dk/arctic/meant80n.uk.php

In diesem Jahr ist der kalte arktische Polarwirbel frühzeitig aktiv und hat in den letzten Juli-Tagen nicht nur für negative T-Anomalien, sondern auch für verbreiteten Frost in Grönland gesorgt, wie die beiden Grafiken zeigen:

Grafik 1:  Durchschnittliche T-Anomalien Grönland (surface) am 23. und 24. Juli 2015 (Grafiken durch Anklicken vergrößern)

Verbreitet negative T-Abweichungen (surface) in Grönland am 23. und 24. Juli 2015. Quelle:
Grafik 1: Verbreitet negative T-Abweichungen (surface) in Grönland am 23. und 24. Juli 2015. Quelle: http://www.esrl.noaa.gov/psd/data/composites/day/

Grafik 2: Absolute (Durchschnitts-)Temperaturen in Grönland verbreitet unter 0°C = 273,15 K (elvin)

Verbreiteter Frost (surface) unter 0°C = 273,15 K(elvin) in Grönland durchscnittlich am 23. und 24. Juli 2015. Quelle: wie vor
Grafik 2: Verbreiteter Frost (surface) unter 0°C = 273,15 K(elvin) in Grönland durchschnittlich am 23. und 24. Juli 2015. Quelle: wie vor

Der früh erwachte kalte arktische Polarwirbel hat aber nicht nur Grönland vorzeitig abgekühlt und die sommerliche Eisschmelze dort ungewöhnlich früh stark gebremst, sondern ist auch mit einem kalten Trog im Hochsommer für ebenso ungewöhnlich frühes teils stürmisches Herbstwetter an den eigentlich heißesten „Hundstagen“ in Deutschland und anderen Teilen Europas verantwortlich.

Herbstwetterlage am 28. JUli 2015 mit Sturmtiefkomplex über Skandinavien. Quelle:
Herbstwetterlage am 28. Juli 2015 mit Sturmtiefkomplex über Skandinavien und hohem Luftdruck über dem Nordatlantik. Quelle: http://www.unwetterzentrale.de/uwz/lagebericht.html

Dabei werden am Südrand des umfangreichen herbstlichen Tiefdruckkomplexes über Skandinavien Durchschnittstemperaturen – nicht nur – für morgen in West- und Mitteleuropa erwartet, die verbreitet 6 K unter dem WMO-Klimamittel 1981-2010 liegen, womit der bisherige Wärmeüberschuss von etwa +2,3 K im Juli 2015 in Deutschland weiter abgebaut wird und am Ende des Monats nur noch nahe +1,2 K liegen dürfte…(in der DWD-Pressemitteilung sicher höher…)

GFS-Prognose der verbreitet bis zu 6 K negativen T-Abweichungen in Europa vom 27. für den 28. Juli 2015. Quelle:
GFS-Prognose der verbreitet bis zu 6 K negativen T-Abweichungen in Europa vom 27. für den 28. Juli 2015. Quelle: http://www.karstenhaustein.com/climate.php

Ist das nun schon das vorzeitige Ende des Achterbahnsommers in Mitteleuropa und Deutschland?

Für den restlichen Juli 2015 können wir den Hochsommer mit Tmax von 30°C und mehr sicher abschreiben.

Der August verspricht allerdings in den Wettermodellen noch einige sommerlich warme bis hochsommerlich heiße Tage, wenn auch zeitlich zunächst für wenige Tage um den 4. August recht begrenzt, wie das GFS/ENSemble hier für die Stadt ESSEN erkennen lässt:

GFS/ENS-Prognose für die Temperaturen in 850 hPa (ca. 1500m) und Niederschläge vom 27. Juli bis zum 11. August 2015. Der Achterbahnsommer 2015 setzt sich fort: Zunächst herbstlich kühle Temperaturen im Juli, dann kurz heiß um den 4. August mit anschließnder Abkühlung/Normalisierung ab dem 7. August. Quelle:
GFS/ENS-Prognose für Temperaturen in 850 hPa (ca. 1500m) und Niederschläge vom 27. Juli bis zum 11. August 2015. Der Achterbahnsommer 2015 setzt sich fort: Zunächst herbstlich kühle Temperaturen im Juli, dann kurz heiß um den 4. August mit anschließender Abkühlung/Normalisierung ab dem 7. August. Quelle: http://www.wetterzentrale.de/topkarten/fsavnmgeur.html

Üblicherweise beendet erst Ende August eine regelmäßig eintretende Tiefdruck-Wetterlage den Sommer und leitet eine nachhaltige frühherbstliche Witterung ein…; allerdings kam diese auch im letzten Jahr deutlich verfrüht am 11. August, als Ex-Hurrikan Bertha den Hochsommer 2014 beendete.

Der DWD erwartet übrigens nach einem eher kühlen Juni 2015 in Deutschland und einem durchschnittlich (innerhalb einer Standardabweichung) warmen Juli weiterhin einen „zu“ warmen Sommer in Deutschland…,

DWD-Jahreszeitentrend von Juli 2015 für Sommer 2015. Quelle:
DWD-Jahreszeitentrend von Juli 2015 für Sommer 2015.  „Ausgegeben: Juli 2015 Die farbigen Säulen zeigen die vom Vorhersagemodell berechneten Wahrscheinlichkeiten dafür an, dass die vorhergesagte Jahreszeit im Vergleich zum langjährigen Klimamittel der Jahre 1981 bis 2010 zu kühl (blau), mittel (grün) oder zu warm (rotbraun) ausfallen wird. Die gepunktete Linie stellt die Zufallstrefferquote von 33% dar.“ Quelle: aktueller Trend

…und das bei diesen eher kühlen Aussichten von CFSv2 für den August 2015 in Deutschland…:

NOAA/CFSv2-Prognoe der Temperaturabweichungen für den August 2015 in Europa. Quelle:
NOAA/CFSv2-Prognose der Temperaturabweichungen vom Mittel 1999-2010  für den August 2015 in Europa. Quelle: http://www.cpc.ncep.noaa.gov/products/CFSv2/CFSv2seasonal.shtml

Na, dann schau’n wir mal… Kalter Nordatlantik und El Niño mit Folgen: Schwache Hurrikansaison – Kühler Sommer 2015 in Mitteleuropa?

Herzlich euer

Schneefan 2015

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http://www.kaltesonne.de/arktische-turboerwarmung-auf-dem-prufstand-ein-konzept-auf-wackeligen-beinen/